Der Philosoph ohne Bücher. Thessaloniki

Hans rettet mich von der staubigen Landstrasse, nachdem der Busfahrer, zuletzt war ich sein einziger Fahrgast. mıt beaengstigendem Tempo gebraust war, sodass ich schon gar nicht mehr erkennen konnte, wo ich war und wo ich aussteigen musste. Mit seinem klapprigen Transporter, der vor zehn Jahren 200 Euro gekostet hat. rattern wir über staubige Wege zu seinem Haus. Die Türen öffnen sıch automatisch, und wir treten ein ins Wunderreich der Erfindungsgabe. Hans ist Elementar-Ingenieur und baut Erdbatterien, Wassermaschinen, die aus der Luft Trinkwasser gewinnen, Sonnenkollektoren, Erdhaeuser um 2000 Euro und ein Windrad, bei dessen Montage ich ein wenig helfen konnte. Er wohnt mit Anna, der Griechin, die seinen Eifer nur in manchen Dingen teilt, und einigen Ziegen, Hühnern, Hunden und Katzen in einem Garten, dem dieser heisse Sommer schon sehr zugesetzt hat.
Hans hat deutsche und Roma-Wurzeln, ist unterwegs aufgewachsen und zeıgt mir stolz Bilder von seinem Auto-Tross, in dem die Ponys und die Gypsy-Queen mit ihm von Ort zu Ort fuhren. Hans ist Akrobat und Bastler, Lebenskünstler und Prediger, Schriftsteller und Arbeitsloser. Und, ob er das zugeben wıll oder nicht: rechthaberisch und selbstbezogen wie ein Deutscher. Anna ist Kommunistin. Für beide gehören dıe Schwarzen zu den wichtigsten Feindbildern, das sind die orthodoxen Priester, und mit ihnen jede Religion, so wie die Regierung, die Banken, die Reichen und Ignoranten, die kontinuierlich die Welt zerstören. Sie fahren mich ans Meer an einen Geheimstrand, hören sich meine Rockmesse an, geben mir Kost und Quartier, zeigen mir Saloniki, spielen mir griechische Volksmusik vor von den Pontus-Griechen (Annas Familie) und von Insel-Griechen, und ich ihnen Harry Stoika auf seiner Indienreise (ich verspreche ihnen das Video zu schicken) und diskutieren mit mir Tag und Nacht. Aber ihr Gegensatz zu Religion und Glaube ist unumstösslich.

Der Religionsersatz von Hans (für Anna könnte ich das nicht sagen) ist sein Glaube an die Rache der Natur - genauer: an den Untergang der Zivilisation bei den naechsten Sonnenausbrüchen kommende Weihnachten. Darin spiegelt sich seine Zivilisationskritik und Verachtung. Seine Dogmatik beginnt mit Ich-Saetzen: Ich habe gemacht, ich weıss es, ich bestitze..., und seine Gottesdienste sind vielleicht die Streifzüge durch die Natur, wo er mir ehrfurchtsvoll zeigt, wie das Meer aus dem Sand mıt Salz harten Stein macht, aus dem man Haeuser bauen könnte. Das Haus, in dem wir wohnen, hat aber Anna gebaut, aus Zıegeln, und dahinter hat ihr Sohn sein Haus aus Holz gebaut. Vıelleicht fehlen Hans die Jünger, um ein Apostel zu sein.

Seine religiöse Konstruktion dient seiner Rechtfertigung. Schuld an der Misere der Welt und an dem Streit, den wir dann doch noch haben, als er die Pfaffen generell beschuldigt, sind die anderen, Unwissenden, der Busfahrer, dieser Faschist, und sogar Anna, weil sie Retsina trinkt und auch mir angeboten hat! mmmm! Zwar nennt er sich einen immerzu Lernenden, aber er sieht sich jedenfalls auf der richtigen Seite - und wenn dann, zu Weıhnachten, die Zivilisation nicht untergegangen sein wird und die naechste Katastrophe wieder nur die Armen der Welt treffen wird, dann wird er seinen Gegensatz und Widerspruch zu Grıechenland, Deutschland, zur westlıchen Zıvılisation und zur heutigen Welt wieder anders formulıeren und darstellen müssen.
Aber es wird derselbe Gegensatz sein.

Da ist meine Religion weltverbundener.

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kaliji - 25. Aug, 17:08

Conclusion

It’s very simple to be happy but it is very difficult to be simple.
I wish more people cared about Earth as much as they cared about who they believe created it.
Rumi

grenzwärtig - 25. Aug, 20:58

Hallo Kaliji!

Congratulation to Rumi!
I met him in Iran some years ago...

see you
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